Bei der Stadtratssitzung am 20. Mai wurde unter anderem über meinen Antrag zu hybriden Sitzungen in Freising abgestimmt und das Verhalten mancher dort hat mich ehrlicherweise erschüttert.
Einige Stadträte haben ihrer grundsätzlichen Ablehnung von hybriden Sitzungen in der Sitzung Ausdruck verliehen. Und auch wenn ich diese Meinung nicht teile, so kann und muss ich das auch akzeptieren. Ich habe auch bis heute noch nicht verstanden, warum man etwas, das man für sich selbst ablehnt, anderen verbieten muss – aber vermutlich ist das auch ein Grund warum ich in der einzigen liberalen Partei bin.
Absolutes Unverständnis habe ich allerdings für das Verhalten der Grünen im Stadtrat, die im Finanz- und Verwaltungsausschuss noch für hybride Sitzungen im Gesamtstadtrat gestimmt hatten. Während ihre Redner und Rednerinnen ausschließlich technische Fragen zur Umsetzung gestellt hatten, hat sich keiner erklärt, wie sie abstimmen werden, nur um am Ende sowohl gegen den Beschlussvorschlag (den sie im Finanzausschuss noch unterstützt hatten) als auch gegen meinen weitergehenden Antrag zu stimmen. Dieselbe Partei, die in Moosburg und auch in Teilen im Kreistag absolut für hybride Sitzungen war, lehnt sie in Freising geschlossen ab. Dieselbe Partei die auf Landes- und auf Bundesebene am liebsten jeden Arbeitnehmer verpflichtend ins Homeoffice geschickt hätte, nimmt für sich in Freising in Anspruch das nicht zu ermöglichen. Warum für normale Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen etwas verpflichtend gelten soll, für Grüne Stadträte und rätinnen aber nicht, ist vermutlich wieder einmal ein Wasser-und-Wein Beispiel.
Ich persönlich kann mit der jetzt getroffenen Entscheidung zu hybriden Sitzungen besser Leben, als wenn wir sie nur für Stadtratssitzungen erlaubt hätten, gerade mal für knapp 18% aller Sitzungen bis Ende des Jahres. Das wäre den Aufwand nicht wert gewesen, auch wenn nun die Vorbereitungszeit, die von der Verwaltung in das Thema gesteckt wurde für die Katz war. Dem OB und der Verwaltung gilt auch mein Dank, dass der Antrag so schnell und gut vorbereitet wurde, wie ich auch in meiner Rede gesagt habe:
„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,
jetzt, am Ende der dritten Welle, diskutieren und beschließen unter Umständen die Möglichkeit Hybride Sitzungen abzuhalten. Über ein Jahr in die Pandemie hinein, hat die Staatsregierung endlich die Möglichkeit geschaffen, dass wir auch unseren Anteil an der Pandemiebekämpfung leisten können, etwas das einzelne Gemeinderäte, Stadträte und auch aus den Verbänden, bereits während der ersten Welle gefordert hatten. Es ist ein Instrument, dass wir vor der zweiten Welle gebraucht hätten, was dem Ankündigungsweltmeister aus Nürnberg oder München wohl nicht so wichtig war im letzten Sommer.
Nachdem der Gesetzgeber es endlich erlaubte, ging es dann hier sehr schnell, wurden Testläufe gestartet, die Technik geklärt und dafür möchte der Verwaltung und den Verantwortlichen Danke sagen. Ich habe mich auch sehr darüber gefreut, dass die Verwaltung bei der Finanzausschusssitzung vorgeschlagen hat, sowohl Stadtrat als auch Ausschüsse hybrid abzuhalten.
Bei der genannten Ausschusssitzung wurde dann aber beschlossen, dass wir ausschließlich den Stadtrat hybrid abhalten sollen. Mir geht das nicht weit genug, denn auch wenn die dritte Welle dem Ende entgegengeht, die Inzidenzzahlen weiter sinken, müssen wir doch weiterhin gerade auch als Stadträte Vorbild in der Pandemiebekämpfung sein. Bei der Sitzung wurden mehr oder weniger drei Argumente vorgetragen, warum hybride Sitzung entweder gar nicht, oder nur für den großen Stadtrat stattfinden sollen. Meiner Meinung nach, sind diese alle nicht stichhaltig:
Erstens wurde angeführt, dass man für sich selbst das nicht wolle, sei es weil es „nur gerade in sei“ oder weil man keine Videokonferenzen mag. Und genau das ist doch das charmante an dem Vorschlag von hybriden Sitzungen. Es sind ja gerade keine reinen Videokonferenzen, sondern jeder der will, kann weiterhin persönlich hier an einer solchen Sitzung teilnehmen. Aber diejenigen, die aus Infektionsschutzgründen eben lieber von zu Hause teilnehmen wollen, könnten es dann tun. Diese Art Selbstbezogenheit, man könnte auch sagen Egoismus ist kein Argument, anderen diese Möglichkeit zu verwehren.
Als zweites und daran anknüpfend wurde die Befürchtung geäußert, dass dann Mitglieder statt an den Sitzungen persönlich teilzunehmen, lieber aus dem Urlaub oder der sonnigen Terrasse teilnehmen würden. Ich persönlich kenne niemanden hier und traue es auch niemandem hier zu, dass er sein Mandat nicht ernst nimmt und sich mit vollem Einsatz für die Freisingerinnen und Freisinger einsetzt. Wer von uns soll das sein, der das macht? Ich persönlich will lieber in Präsenz teilnehmen, bin aber bereit aus Gesundheitsgründen hier zurückzustehen.
Als drittes Argument, welches explizit gegen die Abhaltung von hybriden Ausschusssitzungen vorgebracht wurde war, dass wir bei den Ausschüssen ja Vertreter hätten, die zur Not einspringen könnten. Auch das Argument zieht nicht, denn erstens sollten wir uns nicht zwischen Pandemiebekämpfung und Teilnahme einer Sitzung entscheiden müssen, und zweitens hatten wir genau bei dieser Sitzung den Fall, dass der Vertreter der ÖDP kurzfristig nicht teilnehmen konnte und so kurzfristig kein Vertreter mehr gefunden werden konnte. Wahrscheinlich wäre es bei einer hybriden Sitzung kein Problem gewesen, dass auch die ÖDP hätte teilnehmen können. Solch kurzfristige Ausfälle könnten also zukünftig abgefangen werden, wenn wir hybride Sitzungen auch in Ausschüssen zulassen würden.
Zusammengefasst gibt es also keine Gründe, warum wir hybride Sitzungen nicht auch in Ausschüssen nicht stattfinden lassen sollten. Wir sollten als Stadträte als Vorbild vorangehen und sowohl den Stadtrat als auch seine Ausschüsse bis zum Ende des Jahres hybrid stattfinden lassen. Denn die jetzige Beschlussvorlage geht nicht weit genug und kann kaum einen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leisten. Wir haben bis zum Sommer noch zwei Stadtratssitzungen, aber insgesamt acht Sitzungen der großen Ausschüsse. Bis zum Ende des Jahres fünf Stadtratssitzungen, aber 23 entsprechende Sitzungen der großen Ausschüsse. Die kleine hier zur Beschlussvorlage stehende Lösung lohnt sich also nicht, sondern ausschließlich die Große.
Zwei Tage nach der Finanzausschusssitzung, in der von den Grünen zunächst „ein absolutes Ja signalisiert“ wurde, um dann geschlossen für die kleine Lösung zu stimmen, hat der Deutsche Bundestag über die Notbremse beraten. Dort haben sich die Grünen, die im Finanzausschuss noch gegen die große Lösung waren, auch deshalb enthalten, weil die Bundesregierung – und ich zitiere – „jetzt wieder den Bereich der Arbeitswelt, in dem Kontaktbeschränkungen so wichtig sind, ausgelassen“ habe (Zitatende) und deshalb Entwurf nicht weitgehend genug sei. Wir haben jetzt heute die Möglichkeit ein gutes Vorbild zu sein und Homeoffice für Stadträte bis zum Jahresende zu erlauben, auch für Ausschüsse. Ich bitte deshalb darum, die Sitzungsvorlage abzulehnen und stattdessen meinem Änderungsantrag zuzustimmen, mit dem wir ein echtes Vorbild in der Pandemiebekämpfung sein können. Vielen Dank!“